Moden gibt es ja überall und immer. So trägt man aktuell wieder bauchfrei (war in den 90ern auch schon mal so); die Farbe Orange erlebt bei Kühlschränken, Lampen und Telefonen gerade ein Revival (insbesondere in meiner Wohnung) und echte Kenner fotografieren und filmen wieder analog. Gerne im Format Super 8. In der Welt der Kunst, genauer gesagt in der Kunstvermittlung, sind gerade multimediale Konzepte und virtuelle Präsentationen der letzte Schrei. Gut oder nicht gut? Ich habe es mir angeschaut.
Mozart hat zwei Städte entscheidend geprägt: Salzburg und Wien. Während er in Salzburg das Licht der Welt erblickte und bis heute für Besucherströme zu seinem Geburtshaus in der Getreidegasse sorgt, schloss er in Wien für immer die Augen. In unmittelbarer Nähe zu Mozarts Sterbeort, dem Kleinen Kayserhaus, tauche ich im Untergeschoss des Kaufhauses Steffl in ein immersives Erlebnis ein. Über fünf Räume erstreckt sich der Rundgang. Er beginnt mit dem Ende, Mozarts letztem Lebensjahr und seinem letzen Werk, dem Requiem. Im schwarz gestrichenen Raum flackern täuschend echte falsche Kerzen zu den Klängen der Musik. Ein Film wird abgespielt und auf mehrere Wände projiziert. Man blickt hier dem Komponisten über die Schulter und begleitet ihn während seiner Arbeit. Stilecht zum Thema passen die Kirchenbänke als Sitzgelegenheiten. Nach ungefähr zehn Minuten öffnet sich eine Türe wie von Geisterhand: Weiter geht’s, in das Wien zu Mozarts Zeit.
Und das begeistert mich nun wirklich: Ein kopfsteingepflasterter Weg führt mich durch enge Gassen, über Plätze hinweg und an geöffneten Fenstern vorüber. Meisterwerke der Kunstgeschichte dienen als Vorlage für die verschiedenen Szenen. Ein kleiner Junge pinkelt ungeniert an ein offenes Hoftor. Eine Kutsche rast in halsbrecherischem Tempo ums Eck und verliert dabei ein Wagenrad. Über allem liegt der Geräuschteppich des Alltags, immer wieder durchdrungen von Passagen und Melodiefragmenten der Zauberflöte. Plötzlich verändert sich die Perspektive und wir heben ab über die Dächer der Stadt. Wieder gelandet, nun in einem anderen Winkel Wiens, winken uns die berühmten Waldmüllerschen Kinder aus einem Fenster entgegen. Der nächste Raum erscheint als kleiner, privater Konzertsaal. Im Gegensatz zum vorherigen virtuellen Feuerwerk ist hier fast alles analog: Kupferstiche und Chandeliers an den Wänden, darunter Biedermeier-Stühle ausgerichtet auf eine Bühne – nein, halt: auf einen Bildschirm mit Musikern in Videokonferenz-Kacheln wie zur Corona-Zeit. Man spielt die „Kleine Nachtmusik“, auch auf ungewöhnlichen Instrumenten wie einer Maultrommel. Die Besucher können einzelne Instrumente auf kleinen Schaltpulten aktivieren, was interessanterweise kaum jemand tut. Vielleicht verstehen die anderen den Sinn dahinter ebenso wenig wie ich?
So begeisternd die Tour angefangen hat, so enttäuschend endet sie. Im Anschluss an den Konzertsaal sollen Vorhänge aus Plastikfolie die Nervenzellen und Synapsen des menschlichen Gehirns nachstellen. Sie leuchten in verschiedenen Farben und wollen die Aktivitäten im Gehirn eines Genies wie Mozart nachvollziehbar machen. Man kann auf bestimmte Knotenpunkte drücken und damit akustisch Fragmente aus der Zauberflöte hervorheben. Das klingt, ehrlich gesagt, ziemlich holprig. Hm, besser einfach auf dem gemütlichen Sofa sitzen und im schummrig-dunklen Raum Mozarts berühmteste Oper genießen. Schlussendlich kommt noch KI ins Spiel und generiert im letzten Raum verschiedene Collagen aus Plattencovern, Partituren und den Flugbewegungen von Musikern, die für Mozarts Musik über den Erdball reisen. Momentan geht wohl nix ohne den Einsatz von KI, unabhängig davon, wie gut sie in den jeweiligen Kontext passt.
Was ist also mein Fazit? Gute Idee, Mozarts Leben in Form von Stationen immersiv erlebbar zu machen. Großartig sind der Kerzensaal und der Spaziergang durch Wien. Auf den Rest hätte ich eher verzichten können. Vielleicht hat er aber andere mehr überzeugt. Ob man damit allerdings insbesondere ein junges Publikum für Kultur, in diesem Fall für Mozart, begeistern kann, wie im Folder der Schau zu lesen ist? Ich glaube es nicht.
Moden gibt es ja überall und immer. So trägt man aktuell wieder bauchfrei (war in den 90ern auch schon mal so); die Farbe Orange erlebt bei Kühlschränken, Lampen und Telefonen gerade ein Revival (insbesondere in meiner Wohnung) und echte Kenner fotografieren und filmen wieder analog. Gerne im Format Super 8.
In der Welt der Kunst, genauer gesagt in der Kunstvermittlung, sind gerade multimediale Konzepte und virtuelle Präsentationen der letzte Schrei. Gut oder nicht gut? Ich habe es mir angeschaut.
Mozart hat zwei Städte entscheidend geprägt: Salzburg und Wien. Während er in Salzburg das Licht der Welt erblickte und bis heute für Besucherströme zu seinem Geburtshaus in der Getreidegasse sorgt, schloss er in Wien für immer die Augen. In unmittelbarer Nähe zu Mozarts Sterbeort, dem Kleinen Kayserhaus, tauche ich im Untergeschoss des Kaufhauses Steffl in ein immersives Erlebnis ein.
Über fünf Räume erstreckt sich der Rundgang. Er beginnt mit dem Ende, Mozarts letztem Lebensjahr und seinem letzen Werk, dem Requiem. Im schwarz gestrichenen Raum flackern täuschend echte falsche Kerzen zu den Klängen der Musik. Ein Film wird abgespielt und auf mehrere Wände projiziert. Man blickt hier dem Komponisten über die Schulter und begleitet ihn während seiner Arbeit. Stilecht zum Thema passen die Kirchenbänke als Sitzgelegenheiten. Nach ungefähr zehn Minuten öffnet sich eine Türe wie von Geisterhand: Weiter geht’s, in das Wien zu Mozarts Zeit.
Und das begeistert mich nun wirklich: Ein kopfsteingepflasterter Weg führt mich durch enge Gassen, über Plätze hinweg und an geöffneten Fenstern vorüber. Meisterwerke der Kunstgeschichte dienen als Vorlage für die verschiedenen Szenen. Ein kleiner Junge pinkelt ungeniert an ein offenes Hoftor. Eine Kutsche rast in halsbrecherischem Tempo ums Eck und verliert dabei ein Wagenrad. Über allem liegt der Geräuschteppich des Alltags, immer wieder durchdrungen von Passagen und Melodiefragmenten der Zauberflöte. Plötzlich verändert sich die Perspektive und wir heben ab über die Dächer der Stadt. Wieder gelandet, nun in einem anderen Winkel Wiens, winken uns die berühmten Waldmüllerschen Kinder aus einem Fenster entgegen.
Der nächste Raum erscheint als kleiner, privater Konzertsaal. Im Gegensatz zum vorherigen virtuellen Feuerwerk ist hier fast alles analog: Kupferstiche und Chandeliers an den Wänden, darunter Biedermeier-Stühle ausgerichtet auf eine Bühne – nein, halt: auf einen Bildschirm mit Musikern in Videokonferenz-Kacheln wie zur Corona-Zeit. Man spielt die „Kleine Nachtmusik“, auch auf ungewöhnlichen Instrumenten wie einer Maultrommel. Die Besucher können einzelne Instrumente auf kleinen Schaltpulten aktivieren, was interessanterweise kaum jemand tut. Vielleicht verstehen die anderen den Sinn dahinter ebenso wenig wie ich?
So begeisternd die Tour angefangen hat, so enttäuschend endet sie. Im Anschluss an den Konzertsaal sollen Vorhänge aus Plastikfolie die Nervenzellen und Synapsen des menschlichen Gehirns nachstellen. Sie leuchten in verschiedenen Farben und wollen die Aktivitäten im Gehirn eines Genies wie Mozart nachvollziehbar machen. Man kann auf bestimmte Knotenpunkte drücken und damit akustisch Fragmente aus der Zauberflöte hervorheben. Das klingt, ehrlich gesagt, ziemlich holprig. Hm, besser einfach auf dem gemütlichen Sofa sitzen und im schummrig-dunklen Raum Mozarts berühmteste Oper genießen.
Schlussendlich kommt noch KI ins Spiel und generiert im letzten Raum verschiedene Collagen aus Plattencovern, Partituren und den Flugbewegungen von Musikern, die für Mozarts Musik über den Erdball reisen. Momentan geht wohl nix ohne den Einsatz von KI, unabhängig davon, wie gut sie in den jeweiligen Kontext passt.
Was ist also mein Fazit? Gute Idee, Mozarts Leben in Form von Stationen immersiv erlebbar zu machen. Großartig sind der Kerzensaal und der Spaziergang durch Wien. Auf den Rest hätte ich eher verzichten können. Vielleicht hat er aber andere mehr überzeugt. Ob man damit allerdings insbesondere ein junges Publikum für Kultur, in diesem Fall für Mozart, begeistern kann, wie im Folder der Schau zu lesen ist? Ich glaube es nicht.